Lower Sabie - Wildnis im Süden

Unsere - leider - letzte Station ist Lower Sabie. Die fünf Tage hier im Süden des Parks haben noch einige Highlights für uns parat, was wir bei Ankunft natürlich noch nicht ahnen.
   Markenzeichen von Lower Sabie ist sein Wasserloch, der „Alien-Plant-Pool“, quasi vor dem Gate. „Alien“ deshalb, weil die Wasserlilien nicht heimisch sind, sondern aus Asien eingeführt wurden. Den Tieren ist's egal, sie lieben den Pool. Dauergäste sind Hippos, die ab und zu mit den giftgrünen Pflanzen übersät auftauchen, Reiher, die wiederum mit Vorliebe die Rücken der Hippos als Ausguck nutzen, und alle möglichen Störche, vor allem Scharen von Marabus. Ansonsten wechseln die Besucher, je nachdem, wer gerade Durst hat. Ein wirklich spannender Beobachtungsplatz!
   Ein weiteres Markenzeichen des Camps ist eine Tüpfelhyäne, die regelmäßig, angezogen von diversen Grill-Düften, nachts am Zaun entlang schnürt. Natürlich fliegt ab und zu etwas rüber, auch wenn es verboten ist. Ein Wahnsinniger steckt dem Tier auch noch mit seinen Fingern ein Bröckchen durch den Maschendraht.
   Weshalb diese Tiere stets als hässlich bezeichnet werden, ist uns schleierhaft. Mit ihren geschmeidigen Bewegungen, ihrem klugen Blick, einem hübschen Gesicht und dem wunderschön gefleckten Fell stecken sie jeden Schäferhund in die Tasche (ganz abgesehen von ihrer Beißkraft). Diese Hyäne schließen wir jedenfalls ins Herz und freuen uns immer, wenn sie am Abend antrabt.
   Auch hier haben wir sehr nette, wissbegierige südafrikanische Nachbarn. Einer zeigt uns sofort seine Videoaufzeichnungen von einem Löwenriss gleich um die Ecke. Da müssen wir sofort hin in der Früh! Er fragt ganz interessiert, ob wir in Europa auch Raubtiere haben oder Giraffen. Außer Wölfen und Bären fällt uns nicht viel ein, und er scheint etwas enttäuscht.

   Am nächsten Morgen kommen wir an die betreffende Stelle - gut zu erkennen an den drei Fahrzeugen, die schon da stehen. Es ist noch finster, wir sehen nichts, dafür riecht es ziemlich streng. Als es heller wird, entdecken wir dann die zerfleischte Giraffe im Gebüsch. Von Löwen keine Spur. Wir warten geduldig, während sich der Straßenrand allmählich mit Fahrzeugen neben und hinter uns füllt. Nach einer halben Stunde taucht dann eine rote Mähne etwa fünf Meter vor uns aus dem Gras auf. Nach herzhaftem Gähnen und gelangweiltem Blick auf uns alle verzieht sich der Löwe ins Gebüsch - sein Bauch ist dick und rund. Erst beim Night Drive erleben wir dann das Große Fressen life.

   Bei einer Tour entlang des Sabie stoßen wir auf eine Gruppe Hornraben, die ein Fahrzeug belagert. Vermutlich gibt's da wieder mal was zu futtern ohne jagen zu müssen. Wir halten an. Nachdem aus dem anderen Auto nichts (mehr) herausfällt, gilt das Interesse nun uns. Auch wenn es schwer fällt: Wir bleiben hart. Sollen sie doch lieber Frösche fangen. Allerdings denken die Kerle lange nicht daran, die Straßensperre aufzuheben.

   Endlich haben wir Glück und erwischen sie mal - die Giraffe, die sich x-beinig nach unten verrenkt, um trinken zu können. Einen so lässigen
Eindruck wie sonst machen die schlanken Riesen bei dieser Gelegenheit nicht. Es ist auch Vorsicht geboten. Immer schön die Gegend prüfen, ob kein Feind naht. Denn aus der Lage kommt man nicht ganz so flott in die Hufe.

   Was wir tagsüber bereits als ferne Rauchschwaden mitbekommen haben, versetzt abends das ganze Camp in Aufruhr: ein Steppenbrand und er scheint mittlerweile verdammt nahe zu sein. Die Ranger beruhigen uns jedoch und meinen, in der Dunkelheit wirkt er näher als er ist und außerdem wird er durch diverse Straßen ganz gezielt davon abgehalten, sich bis zum Camp auszubreiten, „so, don't worry“. So schleppen wir denn in Ermangelung eines Stativs einen unserer Nachttische zum Flussufer, damit wir eine nicht verwackelte Langzeitbelichtung machen können.

   Ein Morgen, an dem wir wieder einmal die Spuren einer Nachtfahrt aufnehmen. Ein kleines Löwenrudel soll sich in der Nähe des Alien Pool aufhalten. Fünf Minuten nach Öffnen des Gates stehen wir dann auch schon im Stau. Aber drei Löwen trotten gemütlich die Straße entlang. Weniger gemütlich für uns, da wir alle Meter aufpassen müssen, dass kein Auto in uns reinfährt - oder umgekehrt - bei der Jagd nach Nahaufnahmen. Was für ein Stress! Und mitten drin auch noch ein doppelstöckiger Sightseeing-Bus. Aber die Löwen traben unbeirrt die Straße entlang, und das Kuddelmuddel lohnt sich wenigstens.

   Völlig fertig fahren wir weiter, zu einem Schlammloch, das angeblich die Stammsuhle eines Breitmaulnashorns ist.
Und - wir können unser Glück kaum fassen - der Dickhäuter liegt an diesem Morgen wirklich drin. Unser erstes Nashorn - und das für uns ganz alleine! Von der einzigen Stelle, wo keine Büsche die Aussicht trüben, können wir es in aller Ruhe beobachten - nicht ganze 20 Meter entfernt. Es sieht zwar (angeblich) schlecht, hört aber um so besser. Kaum unterhalten wir uns im Flüsterton, schon drehen sich die Ohren wie ein Radar uns zu.
   Wir scheinen ihn nicht sonderlich zu stören. Der Dicke wälzt sich genüsslich im Schlamm, vergewissert sich nur ab und zu, ob in unserer Richtung noch alles in Ordnung ist, stochert dann mit seinem Horn im Matsch herum.
   Eine halbe Stunde lang dürfen wir dieses ausgiebige Morgenbad mit verfolgen, ehe sich das Tier langsam erhebt. Mit Spannung warten wir, welche Richtung es wohl einschlagen wird. Es ist nicht unsere, und wir können ihm noch nachgucken, wie es in ganz gemächlichem Tempo zwischen höherem Gebüsch verschwindet. Was für ein Morgen!


   Vor uns liegt wie so oft etwas mitten auf der Straße. Eine Schlange. Wir bleiben quer neben ihr stehen, damit sie das Gras erreicht, ehe sie von einem anderen Fahrzeug womöglich platt gefahren wird. Linda wartet mit gezückter Kamera vergeblich darauf, dass sie die typische S-Form einnimmt. Die Schlange kriecht ganz einfach geradeaus. Spätestens seit Crocodile Hunter weiß man, dass das nur eine Puffotter sein kann und man sie - abgesehen davon, dass man hier sowieso nicht aussteigen darf - auf keinen Fall per Hand von der Straße befördern sollte. Sie zählt mit der Mamba und Kobra zu den drei giftigsten Schlangen Afrikas.Ein schönes Reptil!
   Gleich in der nächsten Kurve direkt am Straßenrand noch ein nicht alltäglicher Anblick: ein Serval, der - konzentriert wie die Katze vorm Mauseloch - ins Gras späht.



   Seit dem Hippo-Crossing-Schild in Phalaborwa amüsiert uns die Vorstellung vom Nilpferd, das die Straße überquert. Am letzten Tag im Krüger Park haben wir das Vergnügen, es auch noch life zu erleben.
   Kurz vor Rückkehr ins Camp stoppen wir noch einmal wie immer auf der Lower Sabie Bridge. Wir beobachten unter anderem ein Hippo, das einem Elefanten am Fluss lieber den Vortritt lässt und die Böschung erklimmt. „Komm schon, Junge“, feuern wir es noch so für uns an - und dann kreuzt es doch tatsächlich vor uns die Straße. Auf der anderen Seite grast es in aller Ruhe ein paar Büschel ab, ehe es dem Sonnenuntergang entgegenstampft. Wenn das kein gelungener Abschluss einer wunderschönen Reise ist!